Die fünfte Etappe war die anstrengendste, aber auch die schönste meines gesamten Jakobsweges. 30 Kilometer habe ich an dem Tag geschafft! Juhu! Am Abend waren meine Waden zwar extrem verspannt und ich konnte meine Beine nicht mehr richtig durchstrecken… Aber ich war sehr stolz auf mich. Ich hatte eine nette deutsche Mitpilgerin, die ich vorher im Hostel in Esposende kennengelernt habe. In diesem Artikel erzähle ich dir von den Etappen 5-7 meines Jakobsweges, es ging von Esposende nach Caminha.

Küstenfeeling gepaart mit ländlichem Charme und reizvollen Dörfern fernab der Küste.

Etappe 5: Von Esposende nach Viana do Castelo – 27 Kilometer

Aber spulen wir zum Beginn des Tages: Die erste Strecke sind wir der Senda Litoral gefolgt – der neueren Variante des Camino Portugues da Costa. Allerdings standen wir nach ein paar Kilometern auf einmal am Strand, denn es gab keine Wege und Straßen mehr, denen wir folgen konnten. Weit und breit waren keine Pilger zu sehen, sondern nur noch wir, verwehte Sanddünen und der raue Atlantik. Die Landschaft war atemberaubend schön, aber es war sehr anstrengend auf dem Sand zu laufen. Deshalb entschieden wir, auf den offiziellen Küstenweg Camino Portugues da Costa abzubiegen. Die gesamte Reststrecke verlief über moderate Anstiege, durch Wälder mit weichem Waldboden, kleine Dörfer, steinige Wege, Kopfsteinpflaster und Nebenstraßen. Hier entdeckst du das ländliche Lebensumfeld der Portugiesen.

Es war traumhaft schön, oftmals konnten wir einen weit entfernten Blick auf das Meer erhaschen. Irgendwann tauchte plötzlich ein kleiner Stand auf einem Waldweg vor uns auf. Wir pirschten uns ganz langsam heran. Was war das? Beim genaueren Hinschauen sahen wir, dass dort Köstlichkeiten wie Bier, Obst, Softdrinks, Chips und kleine Snacks aufgebaut waren. Wahnsinn – und das nur für die Pilger. Gegen eine kleine Spende nahmen wir uns das, was unser Herz in diesem Moment begehrte und wanderten motiviert, glücklich und zufrieden weiter. Der Stand ist sicherlich auch für den einen oder anderen Pilger eine rettende Maßnahme, um die Vorräte aufzustocken.

Die letzten Kilometer dieser Etappe waren richtig hart für mich. Im Ort Anha, ca. 1 Stunde Gehminuten vor Viana do Castelo, überlegte ich tatsächlich, nicht weiterzulaufen. Aber die Pilgerreise sollte auch eine körperliche Herausforderung sein, also hieß es: Keep walking! Nach ca. 28 Kilometern sind wir endlich in Viana do Castelo angekommen. Wir checkten im Enjoy Viana Guest House* ein, welches direkt im historischen Stadtzentrum liegt. Wir buchten ein Doppelzimmer, denn nach so einer Etappen wollten wir uns etwas gönnen, das haben wir uns aber auch verdient! Zum Abendessen waren wir in der Pizzeria Luzzo. Kann ich gut weiterempfehlen, ein tolles Ambiente und leckere Pizzen.

Viana do Castelo – Ein Highlight am Camino Portugues da Costa

Viana do Castelo ist wohl die schönste Stadt auf dem Camino Portugues da Costa und eine der größten Attraktionen. Der Ort wurde bereits im Jahre 1258 gegründet, brachte es recht schnell zu Reichtum, erhielt aber erst 1848 die Stadtrechte. Die Stadt erreichst du über die 563 m lange Brücke des bekannten französischen Architekten Gustave Eiffel. Die Eiffel-Brücke (portugiesisch Ponte Eiffel) ist eine Straßen- und Eisenbahnbrücke aus Metall über den Fluss Lima.

Auf deinem Weg durch den historischen Stadtkern wirst du die Kathedrale aus dem 15. Jahrhundert sehen, die mit ihren beiden Wehrtürmen eine klare romanische Struktur vorweist. Die pulsierende Altstadt ist bei Reisenden sehr beliebt, aber auch die schönen Sand- und Steinstrände in der Nähe, denn die Stadt hat durch den Kabeljaufang eine traditionelle Verbundenheit zum Meer.

Tipp: Hoch über der Stadt thront die schöne Basilika Santa Luzia. Wanderfreunde, die ihren Prinzipen treu bleiben wollen, können diese über einen Fußmarsch von ca. 1,7 km erreichen, der über verschiedene Straßen, Gassen und Treppen bergauf führt. Ein beeindruckendes Erlebnis ist aber auch die Fahrt mit dem Levador de St. Luzia. Alle 15 Minuten pendelt der Schienenzug zwischen der Tal-und Bergstation. Von oben hast du einen tollen Blick auf die Stadt und das Meer.

In Viana do Castelo wird schnell deutlich: das ist ein Ort, an dem man gerne verweilt. Perfekt für einen Pausentag! Falls du dich dafür entscheiden solltest, um etwas zu entspannen, findest du diese tollen Strände in der Nähe:

  • Praia do Cabedelo
  • Praia de Afife
  • Praia da Arda
  • Praia Norte
  • Praia da Amorosa

Etappe 6: Von Viana do Castelo nach Carreço – 9 Kilometer

Da wir einen anstrengenden Vortag hinter uns hatten, aber auch keinen ganzen Tag Pause machen wollten, entschieden wir, nur eine kurze Etappe zu pilgern. Unser heutiges Ziel sollte Carreço sein, circa 9 Kilometer entfernt. Das Wetter spielte sowieso nicht mit, denn es war den ganzen Tag trüb, neblig und regnerisch. Die Nacht im privaten Doppelzimmer war sehr bequem, so dass wir die Zeit bis zum Check-Out voll ausgenutzt haben.

Wir entschieden uns, vorher noch in der Stadt in dem süßen Café „Confeitaria A Brasileira“ zu frühstücken. Eine gute Entscheidung! Es war so lecker, ich habe für einen großen Kaffee, eine Pastel de nata, ein Croissant und eine Käsetoast 4,70€ bezahlt.

Gestärkt und zufrieden pilgerten wir rund 9 Kilometer durch rurale Dörfer und Siedlungen. Der Asphalt ist hier der vorherrschende Untergrund, der von kurzen Waldabschnitten unterbrochen wird. In Carreço buchten wir zwei Betten in der Herberge Casa do Sardão, die auf jeden Fall zu meinen Top 3 der Jakobsweg-Herbergen zählt.

Unterkunftstipp: Albergue Casa do Sardão

Das Casa do Sardão* wird von dem Portugiesen Hugo geführt, der sein Leben lang in der Welt unterwegs war und später in Portugal diese rustikale Herberge mit 20 Plätzen in zwei Schlafsälen eröffnete. Ich fühlte mich sofort sehr wohl, denn Hugo hat hier sein ganzes Herzblut hineingesteckt. Ein rustikaler Aufenthaltsraum, zwei Küchen, Getränke gegen Spende, Grill und ein kleiner Pool runden das Ambiente ab. Wenn du hier kochen willst, kannst du vorher schon Proviant in Carreço kaufen. Es ist aber auch möglich, sich auf Bestellung Essen liefern zu lassen. Wie ich bei den anderen Pilgern gesehen habe, sind die Menüs sehr reichlich.

Etappe 7: Von Carreço nach Caminha – 18 Kilometer

Heute stand die letzte portugiesische Etappe an, denn der Ort Caminha liegt an der portugiesisch-spanischen Grenze. Wir befanden uns immer noch auf dem offiziellen Küstenweg – dem Camino Portugues da Costa. Die Strecke zeigte sich wieder einmal von einer anderen landschaftlichen Seite: kleine Ortschaften, steinige Waldwege, und immer wieder war es möglich, einen Blick auf den schönen Atlantik zu erhaschen.

Schon bald verlieh der Weg wieder mehr Küstenatmosphäre, als der Ort Vila Praia de Ancora auftauchte. Dort hatten wir ein leckeres Mittagessen im Café „Aqui Há Gato“ direkt an der Promenade, wo wir die Surfer beobachteten. Ich merkte sofort, dass ich bald in Spanien sein würde, denn im Café gab es Tortilla. So lecker, ich habe es vermisst!

Auf dem Weg nach Spanien & Ankunft in Caminha

Die Teilstrecke von Vila Praia de Ancora bis Caminha ist wunderschön und gilt als einer meiner Lieblingsabschnitte des Camino Portugues da Costa. Hier hat der Weg an den Küste den Namen „Küstenweg“ redlich verdient. Wieder änderte sich die Natur und erinnerte mich an Landschaften aus Schottland oder Irland.

Saftgrüne Wiesen mit Schafen und Pferden, im Hintergrund die hügeligen Berge – einfach atemberaubend!

Auf dem Weg nach Caminha siehst du schon bald einen kegelförmigen Berg, dieser befindet sich an der Grenze zu Spanien bzw. Galicien. Mit der Unterkunftssuche war es diesmal nicht ganz so leicht, denn am nächsten Tag war der 10. Juni, der Nationalfeiertag von Portugal. Doch wir hatten Glück, auf dem Campingplatz Orbitur – Caminha* ergatterten wir den letzten Caravan zum Preis von 23€ pro Nacht, also 11,50€ pro Person (Pilgerpreis). Ich war noch mit Nina unterwegs, doch am nächsten Tag sollten sich unsere Wege trennen, da ich weiter an der Küste entlang laufen wollte, und sie im Landesinneren in Richtung Tui.

Der weitläufige, gepflegte Campingplatz liegt unter Bäumen am Strand. Caminha liegt an der Mündung des Rio Minho und war früher Schauplatz vieler Schlachten zwischen Portugal und Spanien. Auf einer kleinen Insel mitten im Mündungsgebiet stehen noch die Überreste des Forte da Ínsua. Diese Festung wurde im 15. Jahrhundert zur Verteidigung der Hafeneinfahrt errichtet.

Der Campingplatz liegt etwas außerhalb der Stadt und abseits des Jakobsweges. Wenn du diesen ansteuerst, und nicht nochmal nach Caminha laufen möchtest, kannst du im Örtchen Moledo ein paar Versorgungen machen. Ein weiterer Vorteil des Campingplatzes ist, dass direkt vor Ort Taxi-Boote nach Spanien fahren. Geh einfach morgens zu einem der Anbieter, die wissen schon wo du hin willst. Du bekommst auf dem Taxi-Boot einen Stempel für deinen Pilgerpass. Kosten: 4-5€ für eine Minute Überfahrt.

Meine Tipps: Besuche den nahe gelegenen Strand „Praia de Moledo“ mit Blick auf die alte Wehrburg Forte da Ínsua, in der Mitte der Flussmündung. Falls du ab Caminha in Richtung Tui laufen möchtest, habe ich hier noch einen außergewöhnlichen Tipp für dich: eine Kanutour! Hier paddelst du mit einer kleinen Gruppe nach Tui, und kannst dir einen Tag Gehpause gönnen. „Camino by boat“ nennt sich der Ausflug. Kosten (Stand Juni 2022): 50-65€ mit Stopps, inklusive Picknick.

Adeus Portugal, es war schön mit dir! Hier erfährst du, was ich entlang der spanischen Küste auf dem Camino Portugues da Costa erlebte.

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